Auf der Spur des schönen Prinzen
Eine Reise durch die schottischen Highlands zu den Western Isles
Nicht alle schottischen Helden kommen mit
wild zerzauster Mähne daher, wie Mel Gibsons William Wallace in
Braveheart. Auf der Reise durch die Highlands zu den nordwestlichen
Inseln Skye, Harris and Lewis ist es ein anderer Nationalheld, der
seine Spuren hinterlassen hat: Bonnie Prince Charlie, der schöne
Prinz. Ein schottischer Held, ein gescheiterter Held.
Loch Leven Wer im Sommer 2014 durch Schottland
reist, wird auf Schritt und Tritt mit der Unabhängigkeitsdebatte
konfrontiert. Überall sind die Schilder der YES-Kampagne präsent, es
finden emotionale Debatten statt, immer wieder bezieht man sich
zurück auf die alten Auseinandersetzungen zwischen England und
Schottland, auf eine blutige Geschichte, die oftmals aber auch die
verschiedenen schottischen Clans untereinander ausfochten. Es gibt
in der Geschichte unzählige Gründe für Ressentiments gegen die
Engländer. Es gibt aber auch die Geschichte des modernen,
wirtschaftlich erfolgreichen Schottlands.
Die Befürworter argumentieren, die Unabhängigkeit
werde den Erfolg steigern, auch und vor allem aufgrund des
Nordseeöls. Die Gegner der vollständigen Unabhängigkeit verweisen
auf die Risiken der Abhängigkeit vom endlichen Rohstoff Öl und die
Gefahr des Verlustes der EU-Mitgliedschaft. Optisch und emotional
scheint die YES-Kampagne im Vorteil – in der Abstimmung am 18.
September 2014 haben die ‚Better Together‘ Aktivisten aber eine
deutlichere Mehrheit (55,3 %) als befürchtet und Großbritannien
bleibt bestehen. Die Debatte hat Schottland
verändert, Schottland ist nicht ohne Wunden davongekommen. Der
Nationalismus hat nicht nur das Gesicht der Unabhängigkeit und
Selbstbestimmung freier Menschen - er hat auch das hässliche Gesicht
der Ressentiments und Ablehnung Andersdenkender, Die SNP (Scottish
National Party) ist stärkste Partei in Schottland, der Ölpreis
eingebrochen - aber es wird weitere Anläufe für die Unabhängigkeit
geben. 843 entsteht das schottische Königreich
als Vereinigung der Königreiche der Pikten und der keltischen Skoten
unter Kenneth Mac Alpin. Ab 1603 gibt es die Personalunion der
Könige (Schottland und England haben den gleichen Herrscher, sind
aber unabhängige Königreiche). 1707 werden die Reiche mit dem Act of
Union zum Königreich Großbritannien vereinigt.
Und der schöne Prinz, Charles Edward Stuart, genannt Bonnie Prince
Charlie? Er will mit der Streitmacht der schottischen Highland Clans die Macht für das Haus Stuart zurückerobern. Es ist
eine lange Geschichte mit vielen Aufständen, eine Geschichte, die
nicht gut ausgeht und deshalb viel Raum für Mythen und Verklärung
schafft.
Charles Edward Stuart hat in den Highlands und auf den Inseln Spuren
hinterlassen, als hoffnungsvoller Herausforderer, der
die Engländer angreift, als Flüchtender, der nur mit Glück sein
Leben retten kann, als Anführer des 1745er Aufstands, der vielen den
Tod und den Highlands den Untergang ihrer Kultur und der
Clanstrukturen brachte.
Die Reise führt vorbei an Edinburgh in den Westen
zum Loch Leven, weiter auf die Isle of Skye und dann noch ein Stück
nordwestlicher auf die Äußeren Hebriden und die Doppelinsel Harris
and Lewis. Von dort geht es in die Northwest Highlands nach Ullapool
und dann zurück in die Mitte Schottlands nach Blair Atholl in der
Nähe der Touristenhochburg Pitlochry.
Charles Edward Stuart - Bonnie Prince Charlie
Charles Edward Louis Philip Casimir Stuart wird am 31. Dezember 1720 in Rom geboren. Sein Vater ist der im römischen
Exil lebende Anwärter auf den Königsthron von Großbritannien und
Irland, James Francis Edward Stuart. Dessen Vater Jacob II. von
England und Jacob VII von Schottland war 1688/89 in Folge der Glorious
Revolution vom Thron vertrieben und durch durch seine
protestantische Tochter und deren Mann William III. von Oranien
ersetzt worden.
Es ist eine Geschichte, die mit der
Auseinandersetzung zwischen Katholizismus (dessen Anhänger Jacob
ist) und den Anhängern der anglikanischen Staatsreligion zu tun
hat, es ist eine Geschichte, die mit der Auseinandersetzung zwischen
England und Schottland zu tun hat und es ist eine Geschichte, die
mit der Auseinandersetzung zwischen Frankreich und Großbritannien zu
tun hat.
Die Macht der Stuarts ist damit beendet und es
folgen die Jacobiten-Aufstände. Die Jacobites beziehen sich auf den
Namen des letzten Stuart-König Jacob (auf englisch war er James II.).
Einen der berühmtesten Aufstände wird der junge Thronanwärter
Charles Edward Stuart 1745 beginnen und blutig verlieren.
Später erhält Charles Edward Stuart den
romantisierenden Namen Bonnie Prince Charlie und seine Geschichte
wird zu einem verklärten Mythos der blutigen schottischen
Geschichte. Am 31. Januar 1788 stirbt Bonnie Prince Charlie wiederum
im römischen Exil. Zunächst wird er in Frascati beigesetzt und 1807
in den Petersdom umgebettet.
Aber zunächst beginnt die Reise nicht mit dem Prinzen - und
trotzdem auf einem Schlachtfeld. Ziel der ersten Etappe ist u. a.
Glencoe, Ort eines schlimmen Massakers, einer Clan-Fehde, die viel
mit der Auseinandersetzung zwischen England und Schottland und viel
mit der Auseinandersetzung zwischen Schotten und Schotten zu tun
hat.
1. Etappe: Auf dem
Weg zu den Inseln | Loch Leven und Glen Coe
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