3. Etappe, Teil 2
Unterwegs auf der Golden Road zu einem mörderischen MacLeod und legendärem Stoff
Vor der Begegnung mit einem grimmigen,
aufbrausenden und mörderischen MacLeod treffen wir aber erneut auf
den rastlosen Prinzen der Stuarts. Klar, dass er auf seiner
fünfmonatigen Flucht über die Inseln und durch die Highlands viele
Spuren hinterlassen hat, klar, dass die Schotten für ihren
gescheiterten Helden jeden Menge Erinnerungssteine und andere
Denkmäler errichtet haben.
Auf dem Weg von Stornoway in die wilden Berge der
Isle of Harris erreicht man kurz vor dem Gebirge Loch Seaforth (gäl.
Loch Shiphoirt), ein schmales Sealoch, das weit hinein in die Isle
of Lewis reicht. Am Südufer des Lochs beginnt die Isle of Harris.
Oberhalb des nördlichen Endes von Loch Shiphoirt steht gleich neben
der Straße auf einem Sockel ein aus Stein gemauerter Tropfen – oder
ist es eine Träne? Na klar, es ist es eine Träne und sie erinnert an
die Landung von Bonnie Prince Charlie auf Lewis.

Bonnie Prince Charlie Memorial
Die Flucht von Bonnie Prince Charlie - Kein Schiff nach Frankreich
Seit der am 16.4.1746 grausam verlorenen
Schlacht von Culloden ist Charles Edward Stuart auf der Flucht durch
die Highlands. Ende April erreicht er die Äußeren Hebriden in der
Hoffnung, hier von einem französischen Schiff aufgenommen zu werden.
Die Verfolger sind ihm immer dicht auf der Spur, er findet aber
Verbündete, die ihn verstecken.
Am 4. Mai landet er über Loch
Shiphoirt kommend auf der Isle of Lewis. Er wandert mit seiner
Fluchtgruppe weiter Richtung Stornoway. Aus Furcht vor der Rache der
Regierungstruppen wird er nicht in die Stadt gelassen, die Hoffnung,
dort ein Schiff besteigen zu können, zerschlägt sich.
Bonnie
Prince Charles muss Harris und Lewis eiligst wieder verlassen.
Selbst wenn sie ihm nicht weiterhelfen konnten – die Menschen auf
den Hebriden haben den Prince auch nicht verraten. Trotz dem
Kopfgeld von 30.000 Pfund und den armen Lebensumständen auf den
Inseln.
Bonnie Prince Charlie trifft Flora MacDonald
Der
Prince flieht weiter über die Inseln, schläft in den Bergen und auf
freiem Feld. Am 21. Juni trifft er auf der Insel Uist auf Flora
MacDonald, die einwilligt, die Überfahrt nach Skye zu organisieren.
Am 29. Juni kommen sie auf der Isle of Skye an, am 30.6. trennen
sich ihre Wege in Portree für immer.
Exil, Frauen, Alkohol
Bonnie Prince Charlie ist weiterhin rastlos auf der Flucht, erst am
20. September 1746 wird er unweit der Stelle, an der er über ein
Jahr zuvor mit so großer Hoffnung den Aufstand begann, von einem
französischen Schiff aufgenommen und kann Schottland verlassen. Er
verbringt das Exil ruhelos in Frankreich und Italien. Er hat
zahlreiche Affären und verfällt dem Alkohol. Am 31. Januar 1788
stirbt er in Rom. Beigesetzt wird er zunächst in Frascati, 1806 wird
er in den Petersdom umgebettet.
Eine gute Zusammenfassung der
Flucht gibt es (neben vielen weiteren hervorragenden Informationen
über die Highlands) im Webmagazin von Stephan Goldmann:
www.myhighlands.de/highlands-wissen/bonnie-prince-charlies-lange-flucht-durch-die-highlands/
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Berühmt ist Harris vor allem für den Harris
Tweed. Obwohl dieser ausdrücklich den Namen der Isle of Harris
trägt, wird originaler Harris Tweed auf den gesamten Äußeren
Hebriden hergestellt. Harris Tweed ist eine streng geschützte
Trademark und sicherte Ende des 19. Jahrhunderts die Existenz vieler
Hebridians. Die Herstellung des hochwertigen Wollstoffs erfolgt noch
heute auf kleinen mechanischen Webstühlen in Heimarbeit.
Natürlich kann man den berühmten Wollstoff überall
auf der Insel kaufen, vom kleinen bunten Accessoire bis zum
konservativen Anzug oder zur typischen Flatcap ist alles im Angebot
und entsprechende Läden gibt es überall, z. B. auch direkt am Hafen
von Tarbert neben der neu entstehenden Distillery.
Wer den Tweed urig kaufen möchte, kann in
Stornoway das Lewis Loom Centre (Bayhead, direkt gegenüber Lews
Castle am anderen Ufer der Bay) besuchen, versteckt in einem
Hinterhof, eine Mischung aus Shop und Museum. Der Shop ist
vollgestopft mit Tweedstoffen, Anzügen, Westen und allem was das
Herz begehrt – allerdings muss die Beute nach dem Kauf gelüftet
werden, denn es ist feucht in den Katakomben des Lewis Loom Centre.
Der besondere Stoff von der Insel - Nur echt von den Äußeren
Hebriden
Harris Tweed ist ein besonderer Wollstoff,
der nur echt ist, wenn die Wolle auf den Äußeren Hebriden gefärbt,
gesponnen und verwebt wird. Gewebt wird noch immer traditionell in
Heimarbeit auf keinen, mechanischen Webstühlen.
Der Stoff ist berühmt für seine besonders
hochwertige Qualität. Herstellung und Trademark sind durch den
Harris Tweed Act geschützt, überwacht wird das Ganze durch die
Harris Tweed Authority in Stornoway.
www.harristweed.org
Ein Video über die Herstellung von Harris
Tweed:
youtu.be/T6HLIBMS8Tk
Direkt am Hafen von Tarbert entsteht gerade eine
Whisky Distillery. Isle of Harris Distillers bauen hier eine
nagelneue Brennerei und wecken die Hoffnung und Vorfreude auf einen
wilden, rauen Whisky, der ab Sommer 2015 in dieser
nordwestlichsten Brennerei Schottlands entstehen soll. Es ist die
einzige Brennerei auf Harris, aber nicht die einzige auf der
Doppelinsel. Bei der Ankunft im Spätsommer 2014 ist die Brennerei
noch nicht mehr als ein Rohbau, der erahnen lässt, dass hier eine
interessante Distillery entstehen wird.
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Isle of Harris Distillers
Es soll eine soziale Distillery werden, die hier in Tarbert neu
entsteht und 2015 mit ihrer Produktion beginnen wird. Ein Projekt
das auf der Insel verwurzelt ist und der schwierigen
wirtschaftlichen Entwicklung dieser abgelegenen Region neue Impulse
gibt, ein Projekt, das Arbeitsplätze für die Menschen auf Harris
schafft und mit dem Whisky den ‚Geist‘ der Isle of Harris in die
Welt trägt.
300.000 Liter Alkohol sollen hier jährlich
destilliert werden, neben dem Whisky wird es einen Gin geben, damit
von Beginn an etwas verkauft werden kann, während der Whisky langsam
in den Lagerhäusern reift.
www.harrisdistillery.com
Tarbert ist das Nadelöhr zum Hauptteil der Isle of
Harris. Um das Hafenbecken herum führt die Straße hinauf zur
zerklüfteten, bergigen Ostküste der Insel. Und hier sollte man nicht
der Hauptstraße folgen, sondern am Ende der Steigung links abbiegen.
Es beginnt die Golden Road, ein Single Track entlang der Küste,
eng, kurvig, wild mit engen Buchten und tollen Ausblicken auf das
Meer.
Einsam ist es hier, eine raue Landschaft, windig,
baumlos felsig und großartig. Alle paar Kilometer ein paar Häuschen
an den Buchten, Anlegestellen für die kleinen Boote. Vielleicht
arbeiten die Menschen bei den Fischfarmen, die im Schutz der Buchten
Lachse in Massentierhaltung züchten. Die goldenen Strände liegen
nicht an der Golden Road, sondern an der Westküste von Harris.
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The Golden Road von Tarbert nach Rodel
Es
war ein langer Kampf, den die Menschen an der Ostküste von Harris
führen mussten, um die Straße zu bekommen. Auf dem Festland hatte
man wenig Verständnis für eine weitere Straße auf der abgelegenen
Isle of Harris, die Straße entlang der Westküste sollte ausreichen.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde mit dem aufwändigen Bau begonnen, in
den 40er Jahren des 20. Jahrhundert wurde die letzte Lücke
geschlossen.
Die Straße war eine unglaubliche Erleichterung für
die Menschen in diesem abgelegenen Teil der Insel und für die
Kinder, die über die Straße die Schule erreichen konnten. Die Straße
war für die Menschen der Insel Gold wert – für die Menschen auf dem
Festland waren es wohl vor allem die Kosten, die die Straße für sie
zur Golden Road machten.

Old Trading Post, Manish, Isle of Harris
Am Ende der aufregenden Fahrt durch die felsige
Landschaft entlang der Buchten und vorbei an unzähligen kleinen
Lochs liegt ein ungewöhnliches Bauwerk in einer Mulde zwischen den
Felsen. Die St. Clemens Church in Rodel wurde auf der Grundlage
einer vorhandenen Kapelle 1528 erbaut. Gestiftet hat die Kirche
Alexander MacLeod, der Clanchef der MacLeod, der sich an seinem
Lebensende vom Clansitz auf Dunvegan Castle auf der Isle of Skye
hierher zurückzog. Es war übrigens ebenjener Alexander MacLeod, auf
den auch die prahlerische Geschichte über MacLeods Table zurückgeht.
MacLeod beendete sein Leben als Mönch auf Harris – aber er war zu
Zeiten seiner Macht alles andere als friedfertig. Und weil er große
Sünden zu büßen hatte, musste er eine große Kirche bauen.
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Die Sünden des Alasdair Crotach MacLeod
Alasdair Crotach MacLeod
(1450-1547) war zu einer Zeit Chief des MacLeod Clans, als die Macht
der Lords of the Isles gebrochen war, die schottische Krone ihre
Machtansprüche allerdings gegenüber den Clans in den West Highlands
und auf den Inseln nicht durchsetzen konnte. Es herrschte Anarchie,
die zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen den Clans führte.
Auseinandersetzungen zwischen den Clans MacLeod und MacDonald of
Clanranald eskalierten in einem von Alasdair MacLeod wahrscheinlich
um 1510 verübten Massaker auf der Insel Eigg, die den MacDonalds
gehörte. Die MacLeods besetzten mit mehreren hundert Mann, die mit
Schiffen gekommen waren, die Insel. Die Bevölkerung hatte sich in
einer Höhle versteckt, die die MacLeods fanden und belagerten.
Immerhin, Alasdair war ein frommer Mann, betete sechs Stunden und
befahl erst danach das Massaker, das von seinem Sohn ausgeführt
wurde. Die Höhle wurde ausgeräuchert, ca. 400 Menschen starben.
Am Ende seines Lebens zog sich Alasdair vom Sitz der MacLeods,
Dunvegan Castle auf der Isle of Skye, zurück nach Harris. Dort
gründete er mit Mönchen ein Kloster in Rodel und veranlasste den Bau
der St. Clemens Church auf der Grundlage einer älteren Kapelle. Die
Kirche wurde 1528 gebaut. Das prächtige Grab des Chiefs Alasdair
Crotach MacLeod befindet sich in der Kirche.
www.virtualheb.co.uk/st-clements-church-rodel-isle-of-harris
Lord Leverhulme – ein gescheiterter Lord of the Isles
Von Rodel führt die Straße weiter zur Südspitze
der Isle of Harris nach Leverburgh. Die kleine Ansiedlung entlang
der Straße ist immerhin nach Tarbert der zweitgrößte Ort auf Harris.
Von hier besteht eine Fährverbindung zur Hebrideninsel Berneray.
Viel los ist hier nicht.
Anfang des 20. Jahrhunderts sah das ganz anders
aus, Leverburgh sollte zu einem boomenden Fischereihafen ausgebaut
werden. William Lever, 1st Viscount Leverhulme, bekannt als Lord
Leverhulme hatte 1919 South Harris und den kleinen Fischerort Obbe
für 36.000 Pfund gekauft, nachdem er zuvor mit seinen Plänen zur
Entwicklung von Lewis gescheitert war.
http://www.leverburgh.com/
Lord Leverhulme hatte sich in seinen dreißiger
Jahren in die Western Isles verliebt. Mit 66 wollte er seinen Traum
verwirklichen und auf der Isle of Lewis eine Fischindustrie mit
Eisfabrik, Verarbeitung, Kühlschiffen etc. aufbauen.
William Lever, 1st Viscount Leverhulme – Lord Leverhulme
William Hesketh Lever wurde am 19. September 1851
geboren. Er begann seine Arbeit im Lebensmittelgeschäft seines
Vaters und gründete 1885 mit seinem jüngeren Bruder James die
Seifenfabrik Lever Brothers, berühmt für die Sunlight (Sunlicht)
Seife. 1930 fusionierte Lever Brothers mit Margarine Unie aus den
Niederlanden zum multinationalen Konzern Unilever.
Nach seinem
teilweisen Ausscheiden aus der Firma Lever Brothers konzentrierte
sich Lord Leverhulme auf die Western Isles und wollte auch hier ein
erfolgreiches Unternehmen zum Nutzen der Bevölkerung und zur
Entwicklung der Inseln starten.
1918 kaufe er die Isle of Lewis
mit dem Ziel, die Insel zu einem Zentrum der Fischereiindustrie zu
entwickeln. Im selben Jahr hatte er die Firma Mac Fisheries
gegründet, die unabhängige Fischhändler aufkaufte und eine Kette zur
Vermarktung von Fischprodukten mit mehr als 400 Geschäften werden
sollte. 1922 wurde die Firma Mac Fisheries von Lever Brothers
übernommen. Leverhulme hatte weitreichende Pläne auf Lewis, er
wollte die Insel industriell entwickeln und eine bessere
Infrastruktur aufbauen.
Aber Lord Leverhulme scheiterte auf
Lewis, er konnte seine Pläne und Vorstellungen der
landwirtschaftlich verwurzelten Bevölkerung nicht nahebringen. Nach
dem 1. Weltkrieg waren viele Soldaten auf die Insel zurückgekehrt,
denen die Regierung Land versprochen hatte. Dies kollidierte mit den
industriellen Plänen Levers. Es kam zu Protesten und
Ausschreitungen, Leverhulme musste seine Pläne aufgeben.
Er
verließ Lewis, das er 1923 wieder verkaufte und konzentrierte sich
auf die Unternehmung in South Harris.
Lord Leverhulme setzte sich auf Harris ein Denkmal und benannte den Fischerort Obbe um in Leverburgh. Er hatte Pläne zu einem umfangreichen Ausbau des Hafens in einen tideunabhängigen Fischereihafen für über 200 Trawler. 1924 begann die Produktion in Leverburgh, es wurde so viel Hering angelandet, dass Arbeitskräfte vom Festland geholt werden mussten. Es war aber auch gleichzeitig das letzte Jahr des nicht wirklich gestarteten Booms in Leverburgh.
Im September ging William Lever auf eine Reise nach Afrika, bekam eine Lungenentzündung und starb schließlich am 7. Mai 1925. Weder seine Nachfahren noch die Firma Lever Brothers hatten ein Interesse an der Fischindustrie auf Harris, die Entwicklung Leverburghs wurde beendet. Der Ort und die Produktionsstätten wurden für 5.000 Pfund verkauft, South Harris Estate für 300 Pfund. Investiert hatte Leverhulme 500.000 Pfund.
Auf der Strecke entlang der Westküste von South Harris zurück nach Tarbert liegen die spektakulären Sandstrände von Luskentyre und Scarista.
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