1. Etappe, Teil 2
Wilde Landschaft - schottische Massaker
Schottlands Geschichte ist geprägt von
Schlachten und blutigen Fehden. Oft waren es Kämpfe gegen die
Engländer, oft aber auch Auseinandersetzungen zwischen den Clans um
Land, Vieh oder Ehre.
Der Historiker Niall Ferguson sieht das
historische Schottland vor dem Act of Union als Failed State mit
Warlords in den Highlands, die ihr rechtsfreies Regiment über die
arme Bevölkerung ausübten und calvinistisch-radikalen Fanatikern in
den Lowlands, die eine reformatorische Theokratie aufbauen wollten
und dabei mehr Hexen als im benachbarten England verbrannten. Erst
die Vereinigung 1707 habe staatliche Strukturen und Frieden
gebracht. (http://www.telegraph.co.uk/news/uknews/scottish-independence/11102126/Scottish-referendum-Alone-Scotland-will-go-back-to-being-a-failed-state.html)
Glen Coe ist der Ort eines der schlimmen Massaker, die aus der
Rivalität von Clans entstanden.
Glencoe Denkmal
The Massacre of Glencoe (13. Februar 1692)
Politischer Hintergrund
Während der ‚Glorious Revolution 1688‘,
revoltiert das englische Parlament gegen König Jakob II, einen
katholischen Stuart, der als König Jakob VII auch König von
Schottland und König von Irland ist, setzt ihn ab und bietet die
Krone seinem Schwiegersohn Wilhelm von Oranien an.
Damit wird die Grundlage jahrhundertelanger, bis heute fortwirkender
Auseinandersetzungen gelegt. Erst nach langem Zögern schließt sich
das schottische Parlament der Entscheidung an und akzeptiert den
neuen König.
Eine Entscheidung, die insbesondere die
schottischen Highland Clans nicht akzeptieren, sie erkennen Wilhelm
von Oranien nicht als König an und verweigern die Gefolgschaft. Die
Bewegung der Jakobiten/Jacobites entsteht, ein Aufstand mit
verschiedenen Schlachten beginnt und endet am 1. Mai 1690 mit der
Niederlage der Jacobites in der Schlacht von Cromdale. Im gleichen
Jahr verliert Jakob auch in Irland und geht nach Frankreich ins
Exil.
Der verspätete Eid der MacDonalds of
Glencoe
In der Folge bietet Wilhelm von Oranien den Clans
eine Amnestie an – unter der Bedingung, dass sie bis zum 1. Januar
1692 einen Treueeid auf ihn ablegen. Einige Clans legen den Eid
unverzüglich ab, Alastair MacDonald, 12. Chief der MacDonalds of
Glencoe, kann sich erst spät überwinden und will den Eid am 31.
Dezember 1691 in Fort William ablegen. Da dies dort nicht möglich
ist, macht er sich mit der Zusicherung, dies habe für ihn und seinen
Clan keine Nachteile auf den weiten Weg nach Inverary südlich von
Glasgow, wo er den Eid dann tatsächlich verspätet im neuen Jahr
leistet.
Die Verschwörung
Während MacDonald im Glauben, er habe seine
Verpflichtung erfüllt, den Heimweg in die Highlands antritt, wird
die Verspätung für die Gegner der Clans zu einer willkommenen
Gelegenheit der Rache. Eine Gelegenheit der Rache aber auch für
Robert Campbell of Glenlyon, der Jahre zuvor, ohnehin überschuldet,
durch einen ungesühnten Viehdiebstahl der MacDonalds bankrott ging
und zum Erhalt der Familie ein Armeekommando übernehmen musste.
Vorbereitung des Massakers
Anfang Februar 1692 werden Soldaten unter dem
Kommando von Robert Campbell in Glencoe einquartiert und von den
MacDonalds gemäß der Tradition der Highlands gastfreundlich
bewirtet. Am 12. Februar bekommt Campbell den Befehl zur Hinrichtung
der MacDonalds.
Der Befehl zur Hinrichtung der MacDonalds
of Glencoe
„Sir, Sie werden hiermit beauftragt, die
Rebellen zu überfallen, die MacDonalds of Glencoe, und alle Personen
jünger als 70 Jahre hinzurichten. Sie werden insbesondere
angewiesen, darauf zu achten, dass der alte Fuchs und seine Söhne
Ihnen auf keinen Fall entkommen können. Sie haben alle Straßen und
Wege zu sichern, dass kein Mann entkommen kann. Diesen Befehl müssen
Sie exakt um 5 Uhr morgens ausführen. Ich werde um diese Uhrzeit
oder kurz danach mit einer starken Streitmacht zu Ihnen stoßen.
Sollte ich nicht um 5 Uhr kommen, haben Sie nicht auf mich zu
warten, sondern weiterzumachen. Dieser Befehl kommt direkt als
Spezialauftrag vom König, zum Wohle und zur Sicherheit des Landes,
damit die Wurzeln dieser Kreaturen abgeschnitten werden.
Achten Sie darauf, dass dieser Befehl
unparteiisch befolgt wird, andernfalls werden Sie als Feind des
Königs und der Regierung betrachtet und als unfähig ein königliches
Kommando zu führen. In Erwartung, dass sie schon in eigenem
Interesse erfolgreich sein werden, unterzeichne ich dies eigenhändig
Unterzeichnet Robert Duncanson Im Dienste
Ihrer Majestät An Captain Robert Campbell of Glenlyon“
Das Massaker
Campbell verbringt den Abend nach Empfang des
Befehls beim Kartenspiel mit seinen baldigen Opfern und nimmt noch
eine Einladung zum Essen mit dem Clan Chief Alastair MacDonald an.
Dieser wird am folgenden Morgen direkt nach dem Aufstehen ermordet.
Allerdings können einige seiner Söhne fliehen. Insgesamt werden 38
Männer und Frauen getötet, weitere 40 sterben auf der Flucht durch
das Winterwetter.
Folgen des Massakers
1695 werden die Vorfälle untersucht. Am
Ende stellt die Kommission die Unschuld des Königs, der die Befehle
gegeben hat, fest und schiebt die Schuld dem königlichen
Ankläger und Sekretär des Königs, John Dalrymple, zu. Die
Hinrichtung wird zum Mord erklärt – zur Rechenschaft gezogen wird
allerdings niemand.
Für die Highland-Bewohner war nicht die Zahl der
Opfer schockierend, sondern der eklatante Missbrauch der
Gastfreundschaft, der Mord unter Missbrauch des Vertrauens. Für die
Geschichte Schottlands ist das Massaker ein Argument gegen die
‚Engländer‘ und die mit ihnen paktierenden Lowlander, die die
Highland Clans als Barbaren hassten. Es ist aber auch ein Beispiel
für die jahrhundertealten Auseinandersetzungen zwischen den Clans.
Erinnerung an das Massaker
In Glencoe erinnert ein Denkmal an das Massaker,
am 13. Februar jeden Jahres findet eine Gedenkfeier statt, zu der
Mitglieder des MacDonald Clans anreisen.
en.wikipedia.org/wiki/Massacre_of_Glencoe
Glen Coe
Vom Ort des Massakers in Glencoe ist es nicht weit
bis zu der Stelle, wo 53 Jahre später einer der größten Aufstände
der Jacobites beginnt, romantisiert und verklärt mit vielen
Geschichten neben der eigentlichen Geschichte. 'The 45', The
Jacobite Rising of 1745 wird zu einem Aufstand, der die Geschichte
der Highlands nachhaltig geprägt und verändert hat. Der Weg dorthin
aber führt heute über eine der schönsten Küstenstraßen Schottlands,
der Road to the Isles.
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