Rungholt ertrinkt - die erste grote Mandränke

Karte, Johannes Mejer, 1652Am 16. Januar 1362 endet die Geschichte der Hafenstadt Rungholt. wie lange sie wirklich gedauert hat, ist unsicher. Sehr lange wird es aber nicht gewesen sein. Die Geschichte Rungholts endet mit der ersten groten Mandränke - schon der Name dieser Flut zeigt, dass sie über die bisher gekannten Sturmfluten hinausgeht. Die Mandränke - viele Menschen wurden ertränkt.

Die vorausgehenden Fluten hatten zum Teil mit dazu beigetragen, dass Rungholt überhaupt zu einer florierenden Hafenstadt werden konnte, mit der Zerstörung dieser Fluten gruben sich die Seegatten Fallstief und Heverstrom immer näher an Rungholt heran und ermöglichten die gute Erreichbarkeit seines wahrscheinlich an der Rungholtschleuse gelegenen Hafens. Am 16. Januar 1362 beendeten diese beiden Seegatten Rungholts Existenz.

Die Flut begann am 15. Januar, erreichte am 16. Januar - dem Tag Marcelli Pontificis, nach welchem sie auch den Namen Marcellusflut erhielt - ihren Höhepunkt und fiel erst am 17. Januar wieder ab. Dies ergibt sich zumindest aus den Angaben späterer Chronisten, die sich meist mit der Bezeichnung Marcellusflut einig sind, das Jahr aber teilweise auf 1300 festlegen. Henningsen zeigt in seinem Buch über Rungholt, dass die meisten Indizien für das Jahr 1362 sprechen (z. B. Urkunden aus den vorhergehenden Jahren und der nachgewiesene Verlust des Siegels der Edomsharde im Jahr 1362).

Natürlich variieren auch die später aufgeschriebenen Angaben über die Menschenverluste - dass sie hoch waren zeigt der Name Mandränke. Allerdings war die Bevölkerung der Uthlande schon vor der Flut durch die Zeiten der Pest stark dezimiert, 1354 zog der dänische König Waldemar Atterdag gegen die Uthlande, insbesondere die Pellwormharde, um Abgabenforderungen durchzusetzen. Für Nordstrand wird häufig der Verlust von 7000 Menschenleben angeben - eine Zahl die aufgrund der vorhergehenden Verluste laut Henningsen wahrscheinlich zu hoch gegriffen ist.

Die erste grote Mandränke war eine besonders schlimme Flut, sie dauerte besonders lange, die Höhe der Flut übertraf alle bisherigen Fluten (lt. Henningsen ca. 2,40 Meter über der damals üblichen Deichhöhe). Auch die besten Deiche hätten zur damaligen Zeit einer solchen Flut nicht widerstanden. Möglich werden solche Fluthöhen durch ausgeprägte Sturmtiefs und starke Nordweststürme, die das Wasser in die Deutsche Bucht drücken und auch bei Ebbe kaum zu einem Abflachen des Flutbergs führen. Die nächste auflaufende Flut erhöht den Wasserstand erneut. Insbesondere langanhaltende Stürme aus Nordwest fördern diesen Effekt, auf dem die schlimmsten Fluten an der Nordseeküste beruhen - wahrscheinlich auch die im Januar 1362, der viele weitere folgten. 

Teile der Edomsharde wurden nach der Flut wieder besiedelt, Halligen entstanden neu über den zerstörten Flächen. aber Rungholt blieb für immer zerstört, das Fallstief sorgte dafür, dass die Insel Alt-Nordstrand mit ihrer typischen Hufeisenform entstand - bis 300 Jahre später die zweite grote Mandränke erneut zu dramatischen Veränderungen führte.

Quelle: Hans-Herbert Henningsen, Rungholt - der Weg in die Katastrophe, Band 1 Husum 1998, Band 2 Husum 2000

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