Der Wattwurm

Watt wär dat Watt ohne den Wurm? Genau: Eine öde, eintönige Ebene ohne jeden Anhaltspunkte für das Auge. So aber bietet der Wattboden dem Betrachter eine unermessliche Vielfalt individuell unterschiedlicher Sandhäufchen. Kleine Würmer machen kleine Häufchen, große Würmer machen große Haufen, und die nächste Flut macht alles platt. Welch Wunder der Dynamik im Watt! Eine Landschaft in stetigem Wandel...

Im Oktober ist die Paarungszeit der Wattwürmer. Nicht, dass man sie röhren hören oder bei Revierkämpfen beobachten kann. Sie liegen wie immer in 30 cm Tiefe im waagerechten Teil ihrer U- oder J-förmigen Röhren. Doch manchmal kann man aus dem Hinterende einzelner Röhren, dort, wo der Sandschnur-Kothaufen ist, Sperma austreten sehen. Es wird von der nächsten Flut verbreitet und befruchtet die Eier, die sich in den Wohnröhren der Weibchen befinden.

Der braun bis schwarz gefärbte, fingerdicke Wurm ist durch seinen ausstülpbaren Rüssel, die roten Kiemenbüschel und sein dünneres Schwanzende unverwechselbar.

Wie lebt der Wattwurm?
Er frisst Sand und verdaut die 1-10 % organischen Reste, die sich im Wattboden befinden. Durch einen senkrechten Fraßgang sackt Oberflächensand in die Tiefe, wo der Wurm ihn frisst. Etwa alle 45 Minuten kriecht er rückwärts durch das Röhrenende zur Bodenoberfläche und gibt blitzschnell 3 - 5 Zentimeter Kotschnur ab. Angriffe auf das Schwanzende pariert er, indem er das letzte Ende abreißen lässt und in der Tiefe seiner Röhre verschwindet. Meist sind die Würmer über Monate standorttreu, doch wandern sie im Lauf der Jahre vom küstennahen Schlickwatt in küstenferne Sandwatten. Den ersten Winter verbringen die Wurmlarven im Plankton, dann siedeln sie sich in schlickigen "Brutwatten" an. Im nächsten Herbst wandern sie in den Schlick von Miesmuschelbänken, ehe sie im zweiten Sommer in das offene Watt übersiedeln.

Hätten Sie gedacht, dass...

  • Arenicola einfach "Sandbewohner" heißt?
  • Wattwürmer meist 20, selten 40 cm lang, und im Durchschnitt 5 Jahre alt werden?
  • sie regelmäßig Wasser von hinten nach vorne durch ihre Röhre pumpen, um zu atmen?
  • sie wie wir Säugetiere Hämoglobin im Blut haben, allerdings eine Form, die schon bei zehnfach geringeren Sauerstoffmengen arbeitet?
  • Wattwürmer 1 Woche ohne Sauerstoff überleben?
  • sie einen gelben Schleim absondern, der vermutlich als Tapetenkleister in ihrer Röhre dient?
  • jeder Wurm jährlich etwa 25 kg Sand frisst, was bei 20 Würmern pro m2 bedeutet, dass die oberen 25 cm Wattboden jährlich "durchgekaut" werden?
  • Wattwürmer wärmeempfindlich sind und bei über 18 Grad bald eingehen? Im Boden ist es immer kühl!
  • Wattwurmschwanzenden ein beliebtes Futter bei Jungschollen und vielen Seevögeln sind?
  • hauptberufliche Wattwurmgräber im dänischen Watt jährlich 9 Millionen Würmer (45 Tonnen) an die Leute mit den spitzen Angelhaken ausliefern?
Quelle: Schutzstation Wattenmeer

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siehe Tiere & Pflanzen des Monats auf der
WebSite der Schutzstation Wattenmeer

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© by Klaus Bölling