Prioritäten setzen

Rede zum Nachtragshaushalt 2005 (Klaus Bölling, Fraktionsvorsitzender)

Meine Damen und Herren,
auch der Nachtragshaushalt ist nicht ausgeglichen, aber das Defizit hat sich gegenüber dem Haushaltsansatz sehr deutlich verringert. Das ist gut, das entlastet uns – ist es aber auch ein Grund zu Beruhigung?

Nein, auch der Nachtragshaushalt ist kein Grund zur Beruhigung, gibt keinen Anlass für Optimismus, denn die strukturellen Probleme unserer Finanzsituation bleiben bestehen. Homberg hat einen zu hohen Schuldenstand, gerade in den letzten Jahren sind diese Schulden massiv angestiegen. Hier liegt die Zukunftsproblematik, denn uns fehlt vollkommen der finanzielle Spielraum für eine grundlegende Weiterentwicklung der Stadt.

Zwei Zahlen sind es vor allem, die den Nachtrag 2005 besser dastehen lassen. 1 Mio. € mehr bei der Gewerbesteuer, 500.000 € weniger bei den Kanalausgaben. Beide Zahlen zeigen aber auch, wie schmal der Grad ist, auf dem sich dieser Haushalt bewegt. Denn es ist durchaus fraglich, wie sich die Gewerbesteuer in den nächsten Jahren entwickeln wird. Zu hoffen ist, dass der Ausbau von Betrieben im Industriegebiet sich für Homberg langfristig positiv auswirken wird. Und die in diesem Jahr eingesparten Mittel für die Unterhaltung des Kanalnetzes werden wir im nächsten Jahr investieren müssen, es ist lediglich eine verschobene Ausgabe, um bessere Fördermöglichkeiten wahrnehmen zu können.

Die weiteren Veränderungen im Verwaltungshaushalt sind eher klein – wobei sich auch hier Fragen auftun. So fehlen z.B. 25.000 € Standgelder aufgrund der ‚Privatisierung’ des Heimatfestes. Wir haben also nichts eingenommen. Im Haushalt 2005 sind allerdings auch 30.000 € Ausgaben der Verwaltung für das Heimatfest ausgewiesen. Diese Zahl hat sich im Nachtrag augenscheinlich nicht verändert. Ist dieses Geld tatsächlich ausgegeben worden? Keine Einnahmen und trotzdem 30.000 € Ausgaben? Wo liegt denn da der Spareffekt, der durch die Veränderungen beim Heimatfest erzielt werden sollte? Ein lausiges Fest und zusätzliche Ausgaben? Hier fehlt uns die Transparenz, die ein Haushalt den Parlamentariern bieten muss.

Meine Damen und Herren,
unsere finanzielle Lage bleibt prekär, daran konnte der Nachtrag nichts ändern. Haushaltskonsolidierung ist daher das Stichwort für die nächsten Jahre. Aber wie wollen wir unseren Haushalt konsolidieren, wenn wir gleichzeitig einen hohen Investitionsbedarf – auch im Hinblick auf den Hessentag – haben? In einem sind sich hier wahrscheinlich alle Fraktionen einig: Homberg muss sich entwickeln. Was sich gerade in diesem Jahr in der Innenstadt und an der Wallstraße getan hat, zeigt, dass Homberg Potential für positive Entwicklungen hat. Homberg ist schöner geworden in diesem Jahr, Homberg ist attraktiver geworden in diesem Jahr. Daher muss das Innenstadtkonzept konsequent weiterverfolgt werden.

Wie können wir unseren Haushalt konsolidieren? Blicken wir in das Haushaltssicherungskonzept, das im nächsten Tagesordnungspunkt vorgestellt wird, ist dies für uns nicht erkennbar. Maßnahmen zur nachhaltigen Sicherung des Haushalts finden sich hier eher am Rande. Den Namen Konzept verdient diese Auflistung weniger Punkte sicherlich nicht. Wir bleiben bei dem, was Bündnis 90/DIE GRÜNEN bereits zum Haushalt angemerkt haben: Bei hohem Schuldenstand und mäßigen Einnahmen gilt es, sich auf wenige unverzichtbare Projekte zu konzentrieren und anderes zurückzustellen. Dies würde den Haushalt wirklich entlasten – 2005 allein beim Projekt Efze vital um fast eine viertel Mio. €.
Im Haupt- und Finanzausschuss hat der Bürgermeister zu seinem Haushaltssicherungskonzept gesagt, in diesem Jahr habe er mit dem Magistrat noch mal die Vorschläge aufgestellt – im nächsten Jahr sähe er dies als Aufgabe des Parlaments. Wie sollen wir diese Aussage verstehen? Fehlen dem Bürgermeister die Ideen, wie er Homberg finanziell konsolidieren will? Ich fürchte, genau das ist das Problem!

Meine Damen und Herren,
wir haben schon zu diesem Haushalt ganz klar gesagt, wo unsere Schwerpunkte liegen. Drei Projekte werden für Bündnis 90/DIE GRÜNEN weiterhin klare Priorität haben:

  1. die engagierte Weiterentwicklung des Innenstadtkonzepts,
  2. die Öffnung neuer Perspektiven für die Stadtteile,
  3. das Projekt ‚Soziale Stadt’ als Zukunftschance für den Bereich zwischen Efzewiesen und Bahnhofsgebiet.

Auf diese drei Projekte muss sich Homberg konzentrieren – alles andere muss zurückstehen, bis die finanziellen Rahmenbedingungen eine Finanzierung erlauben.

Wenn dies im nächsten Haushalt so abgebildet wird, werden wir auch wieder über eine Zustimmung nachdenken können. Der Haushalt 2005 erfüllt unsere Erwartungen auch mit einem Nachtrag, der das Haushaltsdefizit sinken lässt, nicht. Hombergs erhebliche Verschuldung bleibt eine Tatsache, die unsere Zukunftsentwicklung dramatisch einschränkt. Wir sehen keinen seriösen Ansatz, der diese Tatsache ändert.