Burgbergfestival - Nacht der Zeremonienmeister 

(Bericht der HNA vom 10.7.2000, Bettina Fraschke)

Letzte Instanz © Klaus BöllingGelungene Mischung mit charismatischen Sängern: Die Festivalbands boten außergewöhnlichen Ohrenschmaus für jeden Geschmack. Topacts waren Letzte Instanz und SCYCS.

Homberg. Diese Musiker musizieren nicht einfach. Diese Musiker zelebrieren ihre Rhythmen. Feiern ein Hochamt auf ihre Melodien, kosten jeden Gitarrenriff aus, jonglieren gekonnt mit den Emotionen des Publikums.

Beim Burgbergfestival gaben sich die musikalischen Zeremonienmeister ein Stelldichein. Obwohl Meister in verschiedenen Disziplinen - von Modern Metal über Blues bis hin zu Independent, Trance oder Mittelalter-Hardcore, vereint sie doch ihr Charisma. Und das braucht man besonders beim Open-Air-Spielen, wo die Menschenmassen weit verstreut auf den Isomatten kauern und nur schwer aus der Reserve zu locken sind.

Am besten gelang das der Letzten Instanz. Bei den Dresdner Brachial-Rockern drängten sich die meisten Zuhörer vor der Bühne. Besonders das Unplugged-Intermezzo, als die Anlage kurzzeitig ausfiel, verschaffte den schrill geschminkten Jungs in ihren seidenen Röcken die Sympathie eine Publikums, das die Tuchfühlung voll auskostete.
Mit Grabesstimme sang der tomatenhaarige Robin Sohn vom kalten Glanz des Lebens und von verdrängter Liebe. Wild traktierten seine Mannen dazu Geige, Cello und Schalmei. Fackeln zuckten wie auf einem mittelalterlichen Magiertreffen.

Kontrastprogramm dazu der zweite Top Act: die SCYCS. Die Nachwuchsband aus Magdeburg begeisterte vor allem das jüngere, weibliche Publikum mit ihren eingängigen Pop-Melodien und dem jungenhaften Charme ihres strubbeligen Frontmanns. Zwar hat der Sound der SCYCS noch keinen so individuellen Wiedererkennungswert, wie bei den anderen Bands, doch riss die Bühnenpräsenz und das wohlausgewogene Zusammenspiel der Musiker die Zuhörer mit.

Late September Dogs © Klaus BöllingAm frühen Abend hatte ein Act der ausgefalleneren Art beeindruckt: Late September Dogs-Frontmann Björn Both wirbelte wie ein Derwisch über die Bühne, wechselte zwischen Gitarre, Trommel und Didgeridoo und zog das Publikum in eine hypnotische Stimmung exotischer Klänge. Trance-Samples groovten zu Dschungelgeräuschen. Das Gurgeln des Didgeridoo erinnerte an Zeremonien archaischer Medizinmänner. Und dazu Björns sexy Zungen-R! Ein Zeremonienmeister erster Güte.

Neben diesen drei Hauptattraktionen boten auch die anderen Bands dem Publikum Vielfältiges in gewohnt guter musikalischer Qualität. Sprawl präsentierten herzhaften Alternative-Rock aus der Region. Misbegotten wechselten dann ins Metalgenre. Wie ein Wespenbatallion rasten die gekonnten Gitarrensoli durch die Verstärker. Und Kozmic Blue verzauberte die vielen Besucher, die bis zum Schluss ausharrten. Auch sie mit Charisma am Mikro: Maggie McInthun röhrte, schmachtete und rotzte mit ihrer kellertiefen Stimme von Liebe und Liebesleid. Der echte Blues, ein melancholischer Abschied.

Fotos vom 20. Burgbergfestival

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